Präambel


Daß es in unserer Zeit eine wachsende Sehnsucht gibt nach Ganzheit und Heil, nach Sinn und Erfüllung, läßt sich nicht übersehen; eine Suche nach Orten, wo sich etwas zeigt, "das unbedingt angeht" (P.Tillich).
Und es gibt "Orte", "heilige Orte", wo sich Endliches und Unendliches berühren. Nicht deshalb sind diese Orte heilig, weil sie eine besondere geographische Lage haben - das vielleicht auch - sondern weil sie von einem besonderen Geist erfüllte Orte sind, wo das Endliche transparent wird für das Ewige.
Der Heilige Berg von Säben, heute mit seinem ehrwürdigen Kloster der Benediktinerinnen ist so ein Ort.
Das spürten die Menschen bereits in prähistorischer Zeit, die hier siedelten, ihre Wohn- und Begräbnisstätten hatten und auch Kultplätze, wie die Archäologen nachweisen konnten.
Solche Heiligen Orte hinterlassen Spuren im religiösen Bewußtsein der Menschen - über alle historischen Religionsschranken hinweg. Sie wurden zu Orten der Anbetung und der Verehrung des Heiligen, Zufluchtsorte und Wallfahrtsstätten für Beter und Pilger durch die Jahrhunderte.
Die religiöse Bedeutung von Säben hielt sich durch die vorchristliche Zeit über die Römische Epoche hindurch, über die frühchristliche Besiedlung, wo bereits vor der Germanisierung Kirchen und Sakralbauten nachweislich sind, bis es dann im 6. Jahrhundert Bischofssitz wurde. (Vielleicht hat die berühmte Ladinerwallfahrt ihre Wurzeln bereits in dieser Zeit.)
Im Mittelalter heiß umkämpft ob ihrer Bedeutung kirchenpolitisch - strategisch genauso wie geistes- und kulturgeschichtlich, zwischen den Grafen von Tirol und dem Bischof von Brixen.
Trotz des verheerenden und vernichtenden Blitzschlags (1533) behielt die Ruine ihre geistliche Ausstrahlung bis zum Wiederaufbau 1680 und der Neubesiedlung durch die Benediktinerinnen vom Nonnberg (Salzburg).
Jetzt bekam der Heilige Ort eine besondere Gestalt und geistliche Prägung.
In der Regel des Heiligen Benedikt (ora et labora) lebt eine Spiritualität, die die Beziehung zum Göttlichen in die Wirklichkeit des Alltags vermittelt, eine Spiritualität, die die Präsenz des verborgenen Gottes in der Welt der Menschen lokalisiert in der Gemeinschaftsfeier der Eucharistie und im Gebet; die hineingreift als "Hauch" (spiritus) des Ewigen in den Alltag des Menschen heute, so sein Leben formt und wandelt und damit echte und erfüllende Lebenskultur entstehen läßt, die trägt, gerade heute, da der wirtschaftliche Erfolg einziges Orientierungsziel und alleinige Sinnvorgabe in unserer Gesellschaft zu sein scheint, weil auch Religion und Glaube als Orientierungsinstanzen immer mehr abnehmen. Da wundert es auch nicht, daß mit wirtschaftlichen Krisen tiefe Gesellschaftskrisen einhergehen.
Solche Spiritualität will erlebt und erfahren werden.
Gerade heute brauchen wir aber Heilige Orte mit geistlicher Orientierung, wo Menschen im Zeichen ihrer Hingabe, ausgehend vom Heiligen Benedikt, ein Beispiel geben, nach dem die Gesellschaft dürstet - wo ein Heiliger Ort zur Quelle echten und wahren Lebens wird für alle, die sich nach innerer Erfüllung sehnen, wo deutlich wird, daß Wirtschaft nicht alles ist.
Daß dieser Geist und diese Spiritualität weiterhin prägend hineinwirken in unsere Zeit und uns Menschen über das bloß Innerweltliche hinaus auf das Göttliche verweisen, daß Menschen zu sich und zu Gott finden können ("in dürftiger Zeit"), dazu will Säben Ort und Weg sein; dazu wollen die Kloster-Säben-Freunde e.V. beitragen.


Gez. Hans Eberhardt
1. Vorsitzender