Ostern 2025
Osterbrief 2025
Liebe Freundinnen und Freunde vom Kloster Säben,
und wieder belasten die Ereignisse in der Welt unsere Gedanken, unsere Herzen.
Es scheint (fast) nichts mehr zu geben, auf das Verlass ist. Politiker handeln nach dem Grundsatz: „Was interessiert mich denn mein Geschwätz von gestern?“ und drehen ihre (Wahl-)Versprechen um 180° um. Ein Verteidigungsminister (!) will uns wieder „kriegstüchtig“ machen und bekommt hunderte Milliarden zugesagt. Unsere Wirtschaft steht anscheinend vor dem Abgrund und trotz krassem Personalmangel steigt die Arbeitslosigkeit. Ängste vor fremden Menschen und vor Kriegs-/Wirtschafts-/Klimaflüchtlingen werden geschürt. Der Krieg im Osten Europas nimmt kein Ende, trotz angeblicher Verhandlungen nehmen die Zahl der Angriffe und die brutalen Zerstörungen zu. Im Gazastreifen nimmt das Militär keinerlei Rücksicht auf Zivilbevölkerung, nicht einmal auf medizinische Hilfskräfte. Und ein mit logischem Herangehen nicht mehr zu verstehender Präsident lässt jeden Respekt vor dem Menschen in seiner Politik vermissen, sieht nur den eigenen Vorteil und stürzt die Welt wieder in eine Zeit des Hauens und Stechens um den größtmöglichen eigenen Vorteil der Länder. Menschlichkeit, Humanitäre Hilfe, Verantwortung für den Erhalt der Welt durch Klimaschutz und sanften Ausbau der Ressourcen scheinen überhaupt keine Rolle mehr zu spielen.

All diese Dinge belasten mich und erschweren einen „freudigen“ Blick auf das, was uns bevorsteht: Ostern.
Dieses Fest ist ja Grundlage und Zentrum unseres Glaubens. Gott wird Mensch, wird uns gleich und geht seinen Lebensweg hier auf Erden genau wie wir Menschen auch mit der Erfahrung von Trauer und Angst, von Schmerz und Verlust, von Ablehnung und Verrat. Am Ende aber steht der Sieg über den Tod. Und mit dem Sieg Jesu über den Tod auch das Versprechen und die Verheißung für uns: Wir werden über unseren Tod hinaus leben in der Gemeinschaft mit unseren Lieben und im Reich unseres Gottes voller Frieden und Gerechtigkeit.

Mit all diesen Ängsten und Bedrohungen im Hinterkopf begleitet mich in dieser Fastenzeit die Hagar aus der Abrahamgeschichte der Bibel.
Abraham und Sarah warten Jahrzehnte auf den versprochenen Sohn, der die Familie weiterführen soll und den Bestand garantieren soll. Als die Hoffnungen sich nicht erfüllen und die Verheißungen Jahwes an Abraham immer mehr verblassen, nimmt sich Abraham eine zweite Frau, die Hagar. Und sie wird schwanger und gebiert dem Abraham den Ismael. Damit wird Hagar zur Zielscheibe der Enttäuschung und der Verbitterung der Sarah und ihr Leben immer wieder zur Hölle. Als rechtmäßige Frau Abrahams nimmt Sarah Ismael als Sohn an und versucht Hagar aus ihrem Leben zu verdrängen. Und Abraham scheint nicht die Kraft und die Stärke zu haben, Hagar vor den Übergriffen Sarahs zu schützen. Als dann Sarah tatsächlich noch schwanger wird, besteht sie darauf, dass Abraham die Hagar buchstäblich in die Wüste schickt. Mit etwas Proviant und einem Wasserschlauch muss sie das Lager verlassen, auf sich allein gestellt mit der Sorge für ihren Sohn. Und Abraham muss sich bewusst gewesen sein, dass seine Entscheidung, dem Drängen Sarahs nachzugeben, eigentlich ein Todesurteil für Hagar und Ismael bedeutete.
Aber Gott lässt Hagar nicht im Stich. Als sie sich selber schon aufgegeben hatte, spricht er sie durch seinen Engel an, zeigt ihr den Ausweg, die rettende Wasserstelle. Und Hagar gibt diesem Brunnen einen Namen: „Brunnen des Lebendigen, der auf mich schaut“, weil sie spürt und erlebt, dass Gott sie nicht im Stich lässt, sondern erlebbar und spürbar bei ihr ist, er sie beruhigen und trösten kann, weil sie von ihm angesehen und ernstgenommen wird. Die Kränkung und der Schmerz, der ihr angetan wurde, verschwindet nicht einfach, wird nicht weggeweht. Aber leichter erträglich durch die Hoffnung, beziehungsweise durch die Gewissheit, dass dieser Gott immer bei ihr sein wird, sie nie allein lassen wird, sich immer um sie kümmern wird, immer ein offenes Ohr für sie haben wird, wenn sie mit Ängsten und Kummer oder auch voller Freude zu ihm kommen wird.

Und das wünsche ich mir für mich selber auch, dass ich trotz aller Widrigkeiten, trotz aller Ängste und Befürchtungen, trotz aller Bedrohungen und Ungerechtigkeiten dieses Vertrauen in unseren Gott nicht vergesse, dass es nicht verschüttet wird von den alltäglichen Schreckensbotschaften. Ich wünsche mir, dass diese Sicherheit: „Er, der Lebendige, schaut auf mich!“ auch mich stark macht und mutig und ein wenig gelassener vielleicht auch wieder ganz bewusst und ganz gezielt Ausschau halten lässt nach all dem Schönen und Guten, das mich doch auch umgibt.

Im Grunde feiern wir an Ostern ja genau das:
In den Augen der Menschen scheitert Jesus. Und es kann für seine Freundinnen und Freunde kaum schlimmer kommen. Er wird als Gotteslästerer von den religiös Verantwortlichen ganz brutal am Kreuz ermordet.
Aber Gott schaut auf ihn, erweckt ihn aus dem Tod und macht uns Menschen damit das Versprechen, über den Tod hinaus bei ihm leben zu dürfen. Und Gott schaut auch auf die enttäuschten und frustrierten und ängstlichen Freundinnen und Freunde Jesu, lässt sie seine Nähe spüren, seine Kraft, sein Leben und macht sie damit auch mutig und stark und lebendig.

Diese Nähe und Stärke und Freude wünsche ich uns allen an diesem Osterfest, das teilweise so überschattet und verdrängt wird durch die Ereignisse in unserer Welt.

Hermann Messerer
Ostern 2025



Weihnachten 2024
Gedanken zur Adventsfeier 2024
Gedanken zur Adventsfeier 2024
(von Hans Eberhardt)

Teil I
In der Weihnachtszeit bei uns als Christen ist Maria neben dem Christkind in der Krippe die herausragende Persönlichkeit. Sie ist, so scheint es, seit 2000 Jahren ewig jung geblieben und spielt in jeder geschichtlichen Epoche eine eigene Rolle. Sie hat gleichsam in der Glaubensgeschichte, in Theologie und auch der Kunstgeschichte international Karriere gemacht. Man kann es am Regensburger Krippenweg beobachten und erleben, vor allem auch in der Volksfrömmigkeit. In der Theologie hat sie es seit der Zeit der Kirchenväter in den ersten Jahrhunderten bis heute zu etlichen Dogmen, sogar als Frau, Jungfrau und Mutter gebracht. Sie hat als Mutter Jesu Christi zwischen Gott und Mensch durch ihr „Ja-Wort“ eine Mutterrolle übernommen und so das Göttliche und das Menschliche, Geist und Mensch, zusammengeführt und wurde von Papst Pius XII. als Himmelskönigin erhöht.

Teil II
Warum gerade zu dieser Zeit und an diesem Ort und warum gerade in Maria? 9Fragen, die auch die großen Theologen und auch die Wissenschaftler nicht gänzlich aufklären können, Ort und Zeit der Geburt Jesu. Nach theologischem Verständnis und nach biblischen Überlieferungen ist Maria göttlich auserwählt, schon vor 2000 Jahren. Ihre Jungfräulichkeit, auch nachgeburtlich, ist aber für Papst Benedikt XVI. – als er noch Josef Ratzinger hieß - nicht die unbefleckte „Immaculata“, ein theologischer Begriff im religiösen Verständnis, sondern eher ein gynäkologischer und als biologischer Ausdruck dem Medizinischen entnommen. Immer noch wird alles, was mit Geschlechtlichem und Sexuellem zu tun hat, seit Eva’s Sündenfall im Paradies ein anrüchiges Geschmäckle haben, das eine patriarchal geprägte und Frauen dominierende Männer-Herrschaft vorteilhaft zu nützen weiß. Zudem verweigert eine männlich geprägte Kirchen-Hierarchie mit der Begründung, dass Jesus ja ein Mann war und nur so Gott als Weltenkönig und Heilsbringer repräsentieren kann, und keine Frau, seit Urzeiten und seit der Genesis erst recht nicht. Das ist eine Steilvorlage für die patriarchalische Männerherrschaft bis heute. Als aber Maria von der hochschwangeren Elisabeth jubelnd begrüßt wird, fallen beide in das „Magnifikat“ ein und singen: „Lobpreise meine Seele den Herrn“ … „er stürzt die Mächtigen vom Thron“ … „auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut…“ Gott selber hat sie zur Mutter des Erlösers erwählt, als jungfräuliche Mutter seines geliebten Sohnes. „Bei und durch Gott ist alles möglich“, antwortet der Engel auf die kritische Frage Maria’s: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ Maria ist die Revolution in der Heilsgeschichte Gottes

Teil III
„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“, das ist die Hauptaussage im Prolog des Johannes-Evangeliums. „Und das Wort war bei Gott.“ Und dieses Wort ist in Jesus durch Maria Mensch geworden, damals in Bethlehem, wie die Evangelisten berichten. Karl Rahner, der vielleicht größte Theologe im letzten Jahrhundert, interpretiert das Weihnachtsgeschehen, das weit über jeden menschlichen geistigen Tellerrand hinausgeht, kosmisch universal. Da ist jedes Geschlecht irrelevant im Heilsweg Gottes mit den Menschen, ob Mann oder Frau. Gott ist kein Begriff und man kann ihn auch nicht gendern. Der bekannte ehemalige Bischof Kamphaus hat das Weihnachtsgeheimnis für uns auf die Kurzformel gebracht: „Mach es wie Gott: Werde Mensch.“ Dafür steht die Krippe im Stall von Bethlehem alle Jahre wieder.



24.12.2023
Weihnachten 2023


Liebe Freundinnen und Freunde des Klosters Säben,

Advent heißt für uns Christinnen und Christen, dass wir uns auf dieses so unglaubliche Geschehen vorbereiten, dass unser Gott Mensch werden will. Weil er uns so liebt, weil er ohne uns nicht leben will, weil er es nicht aushält, dass wir Menschen ihn immer wieder vergessen, verdrängen, vernachlässigen, will er werden wie wir. Uns nahe sein, ganz real denken und spüren wie wir. Sich auch all dem Leid und dem Schmerz, auch all den Versuchungen in unserem Leben aussetzen. Er geht wie wir durch Höhen und Tiefen im Leben, wird missverstanden, wird abgelehnt, wird beleidigt und verhöhnt und am Schluss dann grausam ermordet, hingerichtet. Und er erlebt auch alle wunderschönen Momente.
Dieses unglaubliche Ereignis feiern wir jedes Jahr an Weihnachten. Darauf sich vorbereiten ist aber auch absolut notwendig und tut uns gut, heilt, macht Mut und schenkt uns immer wieder Hoffnung.
Hoffnung, die wir in unserer momentanen Weltlage so dringend nötig haben. Es könnten einem ja durchaus Angst werden, wenn man ansehen muss, dass ein Diktator einfach ein anders Land überfällt, weil er irgendwelche Machtphantasien hat, dass eine Terrorgruppe einfach Menschen ermordet, quält, foltert, entführt, ohne sich an irgendwelche Menschenrechte zu halten, ohne auf die Würde der Menschen Rücksicht zu nehmen. Und auf der anderen Seite reagiert ein Staat so hasserfüllt, so brutal, so rigoros, dass wieder alle Menschlichkeit auf der Strecke bleibt.
Es scheint tatsächlich ziemlich dunkel zu sein in unserer Welt.
Dass trotzdem sehr viel Gutes geschieht, Menschen geholfen wird, einander beigestanden wird, der ein oder die andere sich selber zurücknimmt, um für andere da zu sein, das geht fast unter, drängt sich nicht so in den Vordergrund, ist auch nicht so medienwirksam, Schlagzeilen füllend. Aber es ist – Gott sei Dank – immer noch da.
Gott sei Dank sage ich deshalb, weil ich überzeugt bin, dass wir ganz viel positives menschliches Verhalten, also Rücksichtnahmen, Hilfe, Unterstützung, Dasein füreinander, genau diesem unserem Gott verdanken, dass es grundgelegt ist in dieser wunderbaren Entscheidung Gottes, selber Mensch zu werden.

In unserem Verein dürfen wir auch dankbar zurückblicken, so empfinde ich wenigstens.
Bei unserer Herbstfahrt nach Brixen konnten wir wieder mit der Äbtissin Ancilla eine sehr schöne Begegnung erleben, mit Herrn Kripp, dem Diözesankämmerer und Verwalter des Klosters, ein gutes Gespräch führen und miteinander ein paar sehr schöne Tage erleben.
Dass die Zisterzienser von Heilig Blut bei Wien eine Art „Probewohnen“ auf Säben gemacht haben, hat auch bei uns wieder die Hoffnung aufkeimen lassen oder gestärkt, dass es auf Säben wieder weitergeht, dass weiterhin geistliches Leben dort stattfinden kann, dass weiterhin spirituelle Anregungen, Impulse und Hilfe vom Kloster Säben ausgehen werden.
Wir müssen jetzt halt abwarten, wie die Zisterzienser diese Wochen einschätzen und bewerten, wie sie die Erfahrungen im Kloster, mit den Menschen in Klausen und mit den Menschen in Südtirol auswerten und ob sie eine Möglichkeit sehen für sich und ihre Ordensgemeinschaft, sich auf Säben einzulassen.
Hoffen wir das Beste.

Wenn ich so auf „meinen“ Advent zurückblicke, dann stelle ich fest, dass mich wieder einmal die Gestalt des Johannes des Täufers beeindruckt hat, der am 2. Adventsonntag im Mittelpunkt gestanden ist.
Ein radikaler Rufer in der Wüste. Und anscheinend hat er mit seiner Mahnung Erfolg. Massen strömen zu ihm, lassen sich überzeugen, zumindest kurzfristig, lassen sich taufen. Sehr zum Unwillen der etablierten Theologen. Die haben ja das Heil für die Menschen in ihren Lehren, in ihren Geboten, in ihren Anweisungen, wie das Leben der Menschen zu führen sei.
Sie können sich auf jahrhundertealte Traditionen berufen, auf einen Talmud, der von Gott offenbart, alles genau festlegt. Sie wissen, wie Gott ist, wie er erwartet, dass die Menschen sind, wie er angebetet und verherrlicht werden will. Sie wissen genau, wie die Opfer aussehen sollen, die er verlangt. Und sie haben die 10 Gebote, die Mose selber von Gott direkt erhalten hat und die unendlich, unbegrenzt, zeitlos gültig sind.
Und dann tritt dieser Johannes auf, macht die Leute abspenstig, bzw. unruhig, lässt sie fragen, lässt sie vielleicht auch Zweifel haben an dieser ganzen Institution, an diesem Lehrgebäude, an der exklusiven Deutungshoheit der Theologen. Stellt ihnen radikale Veränderung vor Augen. Setzt einen Termin, weil dieser Umsturz jetzt kommt, diese Tage, ganz bald.
Irgendwie drängen sich mir hier Parallelen auf zu manchen Situationen heute. Die einen wissen, wie Gott ist, wie er denkt, wie er will, dass „seine“ Kirche strukturiert ist, dass er seine Vollmacht, in seinem Namen zu reden, nur ganz bestimmten Menschen anvertraut, dass er seinen Geist nur in ganz festgelegten Bedingungen zur Verfügung stellt.
Und die anderen verzweifeln fast bei ihren Versuchen, diesen unseren Gott lebendig werden zu lassen in dieser unserer Welt. In diesen neuen Strukturen, in den geänderten Menschenbildern, in der sich rasant wandelnden Gesellschaft, neben den unzählig vielen Angeboten von Lebensentwürfen und Weltanschauungen.
Manchmal denke ich, es wär schön, wenn auch heute der „Erlöser“ schon in den Startlöchern stehen würde, schon da wär, mitten unter uns, mitten drin in unseren Diskussionen. So wie bei Johannes eine Vision, die dann konkret Gestalt annimmt vor ihm im Wasser des Jordans.

Aber eigentlich ist er ja schon da. Weil er ja eigentlich immer da ist. Mitten drin, mitten unter uns, in unseren Gesprächen, in unseren Gedanken, in unserem Handeln.
Wir tun uns bloß oft ein wenig hart, ihn zu erkennen, ihn zu verstehen, vielleicht auch in den Gedanken und Worten der anderen. Weil es einfach so schwer fällt, sich selber zurück zu nehmen, mal über die Ideen und Gedanken der anderen nachzudenken, sich hinein zu versetzen in unser Gegenüber.

Vielleicht kann dieser Johannes mich und uns auch weiterhin ein wenig anregen und begleiten, auch über Weihnachten hinaus, ins neue Jahr hinein.
Und ich wünsche uns, dass das dann ein gutes Neues Jahr wird.

Herzliche Grüße

Hermann Messerer



23.05.2023
Jahreshauptversammlung 2023 / Herbst-Fahrt
Bei der Jahreshauptversammlung am 23.05.2023 wurde die Vorstandschaft wiedergewählt:
Erster Vorsitzender: Hermann Messerer
Stellv. Vorsitzende: Marianne Zettl
Schatzmeisterin: Brigitte Diringer
Schriftführer: Martin Innig

Die Herbst-Fahrt nach Südtirol ist zu diesem Termin geplant:
30. September - 4. Oktober 2023
Die Unterkunft ist im Priesterseminar in Brixen.
Sie können sich bei Hermann Messerer verbindlich anmelden.



Pfingsten 2022
Pfingstbrief 2022
Der Heilige Geist ist das innerste Geheimnis Gottes und er ist die letzte, äußerste Gabe Gottes für die Welt. Er erneuert die Schöpfung von innen her, er lässt nichts so, wie es war. Wer an die Kraft dieses Geistes glaubt und um sein Kommen bittet, muss wissen, dass er die göttliche Unruhe herbeiruft.

Liebe Freundinnen und Freunde vom Kloster Säben,

diese Sätze stehen über den Texten zur Liturgie am Pfingstsonntag, die die Erzabtei St. Martin zu Beuron herausgibt. Und dieser Satz: „er ist die letzte, äußerste Gabe Gottes für die Welt.“ hat mich betroffen. Das heißt ja, dass der Heilige Geist, den Jesus seinen Freundinnen und Freunden zum Abschied verspricht, dieses ganze wunderbare Geschehen um Jesus, der Mensch wird, weil Gott die Menschen einfach nicht aufgeben will, weil er nur das Beste für sie will, weil er so weit geht, selber für die Menschen, für uns zu sterben, dass der Geist das alles noch toppt, steigert, irgendwie zur Vollendung bringt. Und da muss ich mich fragen, wie ich diesen Geist, dieses innere Geheimnis Gotts denn so wahrnehme in meinem Leben, in meinem Handeln, in meinem Denken. Und auch in meiner Kirche.

Klar, Gott ist wichtig, fundamental für mich, und Jesus auch, sein Reden und Tun, seine Botschaft und sein Vermächtnis. Und ich denke schon, dass sie die Grundlage sind für Entscheidungen, für Haltungen, für das Verhalten in meinem Leben.

Aber wo hat dieser Heilige Geist seinen Platz, seine Bedeutung? Wo spüre ich, wo realisiere ich in meinem Denken, in meinem Glauben seine Gegenwart? Wenig hilfreich dabei sind diese lustigen Anekdoten von Priestern oder Bischöfen, die das Fenster öffnen oder Brotkrumen auf die Fensterbank streuen, um den Heiligen Geist anzulocken, einzulassen, diesen Geist, der als weiße Taube dargestellt wird. Diesen Geist, den wir anscheinend immer von außen erwarten, von oben, von irgendwoher, aber nicht aus uns selber heraus. Vielleicht liegt dieser Vorstellung ja diese Erzählung zugrunde, dass die Jüngerinnen und Jünger Jesu an Pfingsten mit dem Heiligen Geist erfüllt worden sind, in Form von Flammen, die von oben herabfielen. Und dabei vergessen wir, dass die Apostel uns mit ihren Erzählungen und Berichten über Jesus als Gottes Sohn auch diese „Begeisterung“ überliefert haben, dieses „innerste Geheimnis Gottes, seine letzte, äußerste Gabe“. Sich dessen immer wieder bewusst zu machen, könnte uns schon beruhigen, uns helfen, mit so manchen Vorwürfen und Anfeindungen, so manchen Anfragen und Infragestellungen als Christinnen und Christen gelassener oder ungezwungener umzugehen.

Wenn da nicht auch noch die folgenden Sätze stehen würden.Er erneuert die Schöpfung von innen her, er lässt nichts so, wie es war. Davor haben wird doch Angst, dass nichts so bleibt, wie wir es gewohnt sind. Dass alles sich verändert, dass wir uns auf nichts mehr berufen und verlassen können. Dass wir uns auf etwas Neues einlassen müssen. Unsere Welt, unsere Gesellschaft verändert sich so schnell, ungeahnte technische Möglichkeiten, atemberaubende wissenschaftliche Erkenntnisse, dass wir kaum Schritt halten können, dass wir unwillkürlich an unseren Erfahrungen, an unseren Vorstellungen, an unseren Traditionen festhalten wollen. Da fühlen wir uns sicher. Damit können wir umgehen.

Und genau an diesem Punkt treffen wir auf unsere Vorfahren im Glauben. Auch sie mussten ihre ganze Tradition, ihre Vorstellung von Gott, die theologischen Erkenntnisse und Lehren in Frage stellen, aufgeben, sich auf eine neue, oder zumindest wesentlich veränderte Lehre von Gott einstellen. Was sich in Jahrhunderten entwickelt hatte, was Menschen in all ihren Lebenssituationen und Fragen begleitet hatte, was Heil und Befreiung verhieß, sollten sie neu denken und verkünden.

Und in der Bibel wird davon erzählt, dass es für sie auch nicht einfach gewesen ist. Sie sind davongelaufen, sie haben Jesus verleugnet, sie konnten es einfach nicht glauben, sie rangen immer wieder mit den Vorschriften ihres Glaubens, mit den neuen Fragen und Anforderungen.

Sie haben sich darauf eingelassen, sie haben sich dafür eingesetzt, sogar ihr Leben dafür aufs Spiel gesetzt.

Wer an die Kraft dieses Geistes glaubt und um sein Kommen bittet, muss wissen, dass er die göttliche Unruhe herbeiruft. Diese „göttliche Unruhe“ heißt für mich, dass es keine Situation im Leben gibt, in der wir uns auf gewonnene Einsichten zurückziehen dürfen, auf Traditionen, weil es schon immer so war, auf unseren Vorstellungen und Bildern von Gott bestehen dürfen. Unser Gott ist ein lebendiger Gott, einer, der mitgeht in allen Bereichen unsers Lebens, der sich auch verändert mit unseren Erfahrungen, mit unseren Problemen, mit unserem Leben. Es ist aber auch einer, den wir nicht suchen müssen, mühsam und auf verworrenen Wegen. Weil er ja einfach schon da ist, in uns, als äußerste Gabe in Form des Heiligen Geistes.

Dass wir diesen Geist, unseren Gott, in uns spüren und zusammen mit ihm unser Leben gestalten können, das wünsche ich uns allen an diesem Pfingstfest 2022.

Hermann Messerer




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